Linksjugend [’solid] Saar: Oskar Lafontaines Aussagen zur Migrationspolitik entsprechen nicht unseren Positionen!

Oskar Lafontaine stößt mit seinen neuesten Äußerungen zum Thema Asyl und Abschiebung erneut eine innerlinke Diskussion an, und das zu Zeiten, in denen sich die politische „Mitte“ aus CDU, SPD und Grünen sich immer mehr in eine chauvinistische, diskriminierende Politik treiben lässt. Mit der Forderung nach einer konsequenten Abschiebung von „illegal“ Zugewanderten lässt sich Oskar auf den Mythos der Notwendigkeit staatlicher Abschottung ein. Für Oskar Lafontaine stellen diese „Illegalen“ dabei Menschen ohne Bleibeperspektive dar. Anstatt also Bleibeperspektiven zu schaffen, indem man das deutsche Asylrecht ändert und mehr Geld für die Unterbringung Integration von Flüchtlingen und Migrant*innen aufwendet, soll abgeschoben werden. Das ist nicht unsere Position. Für uns gilt: Bleibeperspektiven schaffen!

Zudem argumentiert er mit Miet- und Lohnkonkurrenz zwischen Deutschen und Zuwanderern. Damit folgt er der Logik, dass ein Staat erst mal für seine eigenen Bürger verantwortlich ist. Damit wird er unserem Anspruch nicht gerecht. Stattdessen plädieren wir dafür, dass endlich mehr Mittel in den sozialen Wohnungsbau investiert werden und die lohnabhängige Gesellschaft so einzurichten, dass nicht jeder gezwungen ist, full-time zu arbeiten z.B mit Arbeitszeitverkürzungen und einem bedingungslosen Grundeinkommen. Mit Oskars Argumentation könnte auch das grausamste Abschottungsregime gerechtfertigt werden. Das will Oskar Lafontaine natürlich nicht. Er sieht aber nichts problematisches daran, dass ein Staat selbst festlegen darf, wer schutzwürdig ist und wer nicht. Scheinbar traut er ausgerechnet dem deutschen Staat zu, die Grenze zwischen „legal“ und „illegal“ ziehen zu können, ohne wenigstens die grundlegendsten linken Prinzipien nicht zu verletzen.

Deutschland hat allerdings in letzten Jahrzehnten das Asylrecht immer weiter aufgeweicht. Mit der inflationären Ausweitung der „sichere Herkunftsländer“-Regelung hat dieser Staat die Grenze zwischen „legal“ und „illegal“ aus rein nationalistischen Motiven verschoben. Weder will er Abschiebungen als staatliche und politische Praxis einschränken oder beenden, sondern er will, dass konsequenter abgeschoben wird. Anstatt illegal in Deutschland lebenden Menschen einen Aufenthaltstitel zu verleihen und diesen damit ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, soll abgeschoben werden. Auf Nachfrage distanziert sich Oskar Lafontaine allerdings ausdrücklich von der in den Medien herumgegangenen Behauptung, er wolle auch Menschen nach Afghanistan abschieben. Trotzdem weicht zum wiederholten Male Oskar damit vom Kurs der Partei, welcher auch weitgehend dem der Linksjugend [’solid] Saar entspricht, für eine humane und menschenwürdige Flüchtlingspolitik ab. Damit schürt er unserer Meinung nach zudem eine ablehnende Haltung gegenüber Flüchtlinge und Migrant*innen und schlägt Töne an, wie man sie sonst aus rechten Parteien kennt.

Oskar findet, man müsse den ärmsten der Armen zuerst helfen. Gemeint sind jene, die sich eine Flucht schlichtweg nicht leisten können. Der „Imperativ der sozialen Gerechtigkeit“ müsse auch hier gelten. Wir fragen uns, warum man nicht beiden Betroffenengruppen gleichermaßen so gut wie möglich helfen sollte. So sehr es stimmt, dass man die Probleme in den Ländern selbst angehen sollte, das Leid und die Verzweiflung der Menschen, die als „illegal“ abgestempelt und ihrer Menschlichkeit beraubt werden, indem man sie zu reinen Objekten staatlicher Verfügungsgewalt degradiert, werden dadurch nicht verhindert. Eine weitere Konkurrenz, die er hier aufbaut. Die Linke muss sich aber für alle Ausgegrenzten einsetzen.

Unsere Kritik ist allerdings nicht ausschließlich an die Person Oskar Lafontaine gerichtet. Zum Beispiel mit Blick auf Brandenburg und Thüringen, wo die Linke in der Landesregierung sitzt, ist festzustellen, dass ebenso abgeschoben wird, wie in Bundesländern, wo dies nicht der Fall ist. Abzuschieben scheint scheinbar zur Regierungsräson dazuzugehören. Dies ist für uns als Linksjugend [’solid] Saar auch ein zentraler Punkt für die Kritik an Regierungsbeteiligungen: Eine Landesregierung mit Beteiligung der Linken muss alles mögliche tun, Abschiebungen zu vermeiden, um einen Legitimationsanspruch zu haben.

Als Linke haben wir die Verantwortung auf Prinzipien zu beharren, wo sich andere von Scheinargumenten wie Wirtschaftlichkeit oder dem Wohl eines Nationalvolks korrumpieren lassen. Wir haben die Verantwortung, scheinbar logische Schlussfolgerungen zu hinterfragen und Alternativen anzubieten. Eine konsequente humanistische linke Position kann nicht sein, für das Wohl einer Staatsgemeinschaft zu argumentieren. Nur zum Wohle aller Menschen.

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