Unser Redebeitrag zur Kundgebung „Kein Schlussstrich ! — Wir gedenken Samuel Yeboah!“

Gestern haben wir in Saarlouis mit über 70 Menschen zusammen für lückenlose Aufklärung im Fall Yeboah, die Auflösung des Verfassungsschutzes und ein würdiges Gedenken demonstriert.

Hier findet ihr einen Bericht der Antifa Saar: https://antifa-saar.org/…/kurzbericht-kraftvolle…/

Und hier unser Redebeitrag von der gestrigen Veranstaltung:

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde,

über 30 Jahre nach dem Mord an Samuel Yeboah und dem zwanzigfachen Mordversuch an den anderen Bewohner:innen der damaligen Unterkunft stehen wir heute hier am Tatort.

Und während wir hier stehen geht die saarländische Öffentlichkeit derweil dazu über, im Fall Yeboah einen Schlusstrich ziehen zu wollen. Der angebliche Einzeltäter Peter S. steht doch vor Gericht, die Polizei hat sich doch für Fehler entschuldigt, alle wollen jetzt noch einen bisschen mehr gegen Nazis und Rassismus unternehmen heißt es. Dann ist doch jetzt auch mal gut.

Aber aufzuklären gibt es weiterhin einen ganzen Berg an braunem Mist im idyllischen Saarland, nicht nur im Fall Yeboah. Auch bei anderen Brandanschlägen auf Asylbewerberheime in Saarlouis-Roden oder Saarwellingen wurden alle Ermittlungen schon wenige Monate später komplett eingestellt. Rund 40 fremdenfeindliche Delikte aus dem Jahr 1992 sind nie aufgeklärt worden. Der Landespolizeipräsident Norbert Rupp sagt heute, das Fehler gemacht wurden, aber den gewaltigen Umfang möchte selbst er sich nicht erklären können. Von Rassismus bei der saarländischen Polizei ist nicht die Rede. Dabei liegt ist völlig klar: Die Polizei und der Verfassungsschutz haben damals im besten Fall völlig versagt, im schlimmsten Fall selbst vertuscht.

Beim Fall Yeboah hatte der nun vor Prozess stehende Täter noch davor mit zwei weiteren Neonazis in einer Saarlouis Kneipe laut verkündet, sowas wie in Hoyerswerda brauche man auch in Saarlouis. Die Polizei wusste das, aber man glaubte ihm trotzdem einfach, dass er nicht der Täter sei. Einige Jahre später prahlte der Täter sogar privat mit seiner Tat. Es ist einfach völlig unfassbar, dass die saarländische Polizei heute denkt, mit einem „Sorry“ für „organisatorische Mängel“ sei die Sache geklärt, während der Landesverfassungsschutz sich sogar komplett aus der Affäre zu ziehen versucht.

Und die Landespolitik, die Betroffenheit suggeriert und sich vor antirassistsichen Lippenbekenntnissen überschlägt, trägt überhaupt nicht zur Aufklärung bei. Wir haben als Linksjugend, ebenso wie andere Organisationen wie der Aktion 3. Welt Saar, die sofortige Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses gefordert. Diese Forderung ist von keinem einzigen saarländischen Landtagsabgeordneten aufgegriffen worden. Insbesondere die SPD, immerhin mit 40% Jusos in der Fraktion, die sich allerorts als große Antifaschist:innen generieren, halten komplett still. Man will jetzt „effizienter Rechtsterrorismus bekämpfen“. Aber von Aufklärung, die auch die eigene Vergangenheit auf den Prüfstand stellen müsste, keine Spur.

Liebe Freundinnen und Freunde, wir dürfen nicht glauben, dieser Prozess sei der Schlusspunkt des Falles Yeboah. Wir müssen weiter dafür kämpfen, dass Hass Konsequenzen hat. Und zwar Konsequenzen für alle Täter:innen und alle die versagt und vertuscht haben.

Wir fordern:

Der Verfassungsschutz hat in der Bekämpfung von Rechtsterrorismus überall versagt und muss abgeschafft werden!

Sorgt endlich ein würdiges Gedenken an Samuel Yeboah in Saarlouis. Herr Demmer, Schluss mit den Ausflüchten, hängen sie die Gedenktafel endlich an die Rathauswand! Benennt endlich eine Straße nach Samuel! Bekennt euch zur Geschichte Saarlouis als saarländische Neonazihochburg und arbeitet das auf und zwar mit den antifaschistischen Akteur:innen zusammen!

Und wir werden die Stadt immer weiter auffordern sich endlich zu entschuldigen. Bei allen von Rassimsus betroffenen Menschen, die hier in Angst leben mussten und bei allen Antifaschist:innen, deren Anliegen, deren Kämpfe ihr 30 Jahre lang verleugnet habt.

Und wir brauchen jetzt endlich umfassende Aufklärung. Parlamentarischer Untersuchungsausschuss jetzt! Freigabe aller Akten! Schluss mit der Vertuschung und Intransparenz! Wir sind es Samuel Yeboah und allen Opfern rassistischer Gewalt mehr als schuldig!