Pornographie – für eine feministische Darstellung der existierenden Vielfalt und Diversität
In unserer Gesellschaft herrscht immer noch in weiten Teilen ein sexistisches Menschenbild vor, das unter anderem durch Pornographie unterstützt und verbreitet wird. Dies ist ein Zustand, den wir als untolerierbar halten.
In Mainstream-Pornographie dominieren sexistische und rassistische Stereotype. Dabei wird ein standardisierter „Optimal“-Körper in den Mittelpunkt gerückt und als einzig begehrenswertes Ideal dargestellt, es besteht kein Bezug zur in der Realität bestehenden Diversität von Körperformen. Der dargestellte Sex verkommt zu einer Performance, gar zu einer Art Leistungssport. Dabei funktioniert alles mechanisch perfekt, nichts erinnert daran, dass dort zwei individuelle Menschen miteinander interagieren – es funktioniert scheinbar alles auf Anhieb, es gibt keine Kommunikation bezüglich Vorlieben und Empfinden, genau so wenig wie Scheitern und Neu-Ausprobieren. Die Komponenten von Sexualität, welche durch das Aufeinandertreffen von Menschen entstehen, werden gänzlich ausgeblendet. Diese Darstellungsformen können Konsument*innen in ihrer Sexualität und in ihrem Menschenbild nachhaltig beeinflussen. Somit besteht die Gefahr, dass Jugendliche viel zu oft mit völlig unrealistischen Vorstellungen in ihr Sexualleben starten. Dabei wird ihnen die Möglichkeit wesentlich erschwert, ein selbstbewusstes und natürliches Verhältnis zu sich, ihrem Körper, ihrer Sexualität und ihrer Gesundheit zu entwickeln.
Eine Möglichkeit dieser Problematik entgegen zu wirken, besteht in jedermann zugänglicher ethischen Pornographie, die, staatlich unterstützt, ein Menschenbild und eine Sexualität geprägt von Diversität und Vielfalt zeigt.
Eine nach unserem Verständnis feministische, ethische Pornographie muss mindestens die folgenden Aspekte enthalten:
- Abbildung der Vielfalt von Körperformen, der Vielfalt der Gesellschaft, der Vielfalt der sexuellen Orientierung, der Vielfalt von Sexualpraktiken in realistischer Form
- angemessene Arbeitsbedingungen, keine Ausbeutung der Darstellenden
- gleichwertige Darstellung der Lust aller Beteiligter, Begegnung der Sexualpartner auf Augenhöhe und Kommunikation über das Geschehen
- Darstellung von Verhütung und Eingehen auf diese Thematik
Es gilt der Konsens, dass es nicht eine bestimmte ethische Pornographie gibt, sondern diese aus verschiedenen Facetten besteht.
Dabei soll ethische Pornographie in keiner Weise den Sexualkundeunterrichts an Schulen ersetzen, sondern lediglich ergänzen. Unterstützend fordern wir aber, dass im Sexualkundeunterricht an Schulen auf die Verfügbarkeit ethischer, feministischer Pornographie hingewiesen wird, und das standardisierte, realitätsferne Bild in Mainstream-Pornographie kritisch thematisiert wird. Pornographie muss dabei nicht vordergründig einen reinen Bildungsaspekt verfolgen, sondern kann selbstverständlich auch in filmerisch-künstlerischer Form realisiert werden. Auch wenn nicht der Bildungsaspekt im Vordergrund steht, sollte dabei jedoch ein ethisches, feministisches Menschenbild und Bild der Sexualität dargestellt werden.
Da Pornographie zumeist kostenlos über das Internet konsumiert wird, muss auch ethische, feministische Pornographie gebührenfrei und vor allem unkompliziert im Internet verfügbar sein. Daher fordern wir eine Filmförderung von Pornographie, die das feministischen Bild darstellt.
Eine solche Filmförderung ist über verschiedene Kanäle möglich:
- Als Sexualbildung über die Landes- und Bundeszentrale(n) für politische Bildung und die Landes- und Bundeszentrale(n) für gesundheitliche Aufklärung
- Als Filmförderung, z.B. im Rahmen einer Ausschreibung mit vorgegebenen Mindestkriterien, einer freien Bewerbung um Fördermittel oder einer Preisverleihung. Dabei müssen verschiedene für feministische, ethische Pornographie relevanten Kriterien erfüllt werden und/oder eine Überprüfung durch eine Kommission erfolgen. Bei der Zusammensetzung der Kommission ist auf eine Quotierung in Bezug auf FLTI*-Personen zu achten.
- Aufkauf von bereits existierender ethischer, feministischer Pornographie und das kostenlose Verfügbarmachen in Online-Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender.
Wir fordern eine Überprüfung der genannten Möglichkeiten und daraus resultierend eine Förderung von ethischer, feministischer Pornographie. Dass diese Forderung nicht utopisch und unrealistisch anzusehen ist, zeigen bereits funktionierende Modelle in anderen Ländern, z.B. das feministische Pornographie Projekt „Dirty Diaries“ in Schweden.