In Konsequenz zu den Diebstählen und den schockierenden sexuellen Übergriffen auf dutzende Frauen im Areal des Kölner Bahnhofs hat die Stadt Köln in Person der Oberbürgermeisterin Reker und Polizeipräsident Albers nun unter anderem „Verhaltensregeln“ für junge Frauen vorgestellt. Zum Glück! Wir hatten schon befürchtet, dass man eventuell mal gesellschaftlichen Sexismus oder ein bis zum Kotzen überinterpretiertes Männlichkeitsbild bekämpfen will.
Stattdessen sollen Frauen bei Großveranstaltungen nun brav in Gruppen zusammenstehen, sich von diesen wenn möglich nicht trennen und auf jeden Fall mindestens „eine Armlänge Distanz“ zu Fremden halten „damit ihnen solche Dinge nicht widerfahren“, meint die Expertin für Sexismus und Täter-Opfer-Umkehr Henriette Reker. Weiß doch schließlich jeder: Wer sich von seiner Gruppe trennt, Fremde im Vorbeigehen berührt oder auch sich aufreizend anzieht, ist selber Schuld, wenn sie angegrabscht wird.
Männern generell Verhaltensregeln einzutrichtern steht natürlich nicht zur Debatte, denn Kulturexperte Albers kennt die Problemgruppe. Deshalb wird es zu Karneval nun auch Verhaltensregeln für Karnevalisten „aus anderen Kulturkreisen“ geben, „damit hier nicht verwechselt wird, was ein fröhliches Verhalten ist in Köln und was mit Offenheit, insbesondere sexueller Offenheit überhaupt nichts zu tun hat“.
Sarkasmus beiseite. Diese Meldung ist eigentlich extrem traurig. Offensichtlich haben gewisse, leider einflussreiche, Personen immer noch nicht kapiert was Sexismus ist und wie man ihn am besten an der Gurgel packt. Hauptsache, schnell mal irgendwas entworfen, das man der Öffentlichkeit vorsetzen kann. Leider läuft es immer auf das selbe hinaus. Frauen werden angehalten sich möglichst unauffällig und zurückhaltend zu benehmen (dem Charakter von „Großveranstaltungen“ eher gegenläufig), und wenn das nichts nützt, weist man nochmal mit besonderer Sorgfalt auf die „anderen Kulturen“ hin, in deren Männern man potentielle Vergewaltiger sieht. Das ist ziemlich arrogant und offenbart schließlich die eigene Unfähigkeit.
Kommentar von Simon Ohliger, Mitglied des Landessprecher*innenrates der Linksjugend [’solid] Saar