Finnland und sein Test eines „bedingungslosen Grundeinkommens“

Mehrere Medien berichten seit einigen Tagen vom Test eines angeblich bedingungslosen Grundeinkommens inFinnland. Auch viele linke Kreise zeigen daran reges Interesse und sind skurilerweise positiv angetan.

Wir sind von dieser Sache aus mehreren Gründen überhaupt nicht überzeugt, aber vielleicht sollten wir erst einmal erklären, was wir uns unter einem bedingunglosen Grundeinkommen vorstellen.

Das BGE ist die Zahlung eines bestimmten und für jede Person gleichen Betrages an alle Menschen. Egal, ob zwanzig oder fünfzig, arbeitend oder arbeitslos, Staatsangehörige*r oder nicht. Der Gedanke dahinter: Auch der Gang in die Selbstständigkeit, Kindererziehung, Ehrenamt und Musizieren oder Kunsthandwerk sind Arbeit, denn sie tragen ungemein zu einer sozialen und freien Gesellschaft bei. Viele Menschen können diese Tätigkeiten, denen sie gerne nachgehen würden, nicht wahrnehmen, weil sie stattdessen Geld verdienen müssen. Sie sind also gezwungen eine Arbeit zu verrichten, die nicht in ihrem, sondern im Interesse einer Firma liegt. Das BGE soll den Menschen die Möglichkeit eröffnen, sich über diesen Zwang zu erheben und ein wahrhaft selbstbestimmtes Leben führen zu können. Zudem verhelfe es Arbeitnehmenden zu einer viel stärkeren Position gegenüber den Arbeitgebenden, weil niemand mehr auf Hungerlöhne angewiesen wäre. Auch könnten Arbeitsplätze geschaffen werden, da viele Leute sich dazu entscheiden könnten, nur noch eine halbe Stelle zu besetzen. Ziel ist also eine Gesellschaft, die nicht mehr vom Zwang Geld zu verdienen bestimmt wird, sondern in der jedem Individuum eine würdige Existenz zugesichert wird: nicht, weil es arbeitet, sondern weil es existiert.

Kommen wir nun zu Finnland. Wer mitgedacht hat, weiß schon, worauf wir hinauswollen. Das finnische Modell des BGE ist eine durch neoliberales Gedankengut verunstaltete Abwandlung eines wahren, emanzipatorischen BGE. Grundgedanke hinter dem finnischen „BGE“ ist es, den Sozialstaat und seine Leistungen zusammenzukürzen und durch ein Grundeinkommen auf niedrigstem Niveau zu ersetzen. Der Staat testet somit viel mehr eine Sozialhilfe an Arbeitslose als ein echtes BGE. Ist man nicht arbeitslos, bekommt man in diesem Test auch kein Geld. Zwar läuft die Zahlung weiter, wenn die Testpersonen Arbeit finden, allerdings nur, weil es sich aufgrund der niedrigen Löhne meistens überhaupt nicht lohnen würde arbeiten zu gehen. Uns erinnert das eher an das deutsche Hartz IV – Aufstocker – System: Man lässt Leute für einen Hungerlohn schuften, der Staat zahlt drauf. Bewirkt wird damit lediglich, dass Arbeitslosenzahlen gedrückt werden und man sich zufrieden auf die Kapitalistenschulter klopfen kann. Also wird gerade soviel gezahlt, dass man sich nun nicht mehr davor drücken kann, sich ausbeuten zu lassen.
Wäre eine tatsächlich emanzipatorische gesellschaftliche Konsequenz gewollt, würde man das BGE auch an Leuten testen, die bereits Arbeit haben. Dafür müsste der Test auch länger laufen, die Menschen bräuchten Sicherheit.

Ein weiteres Argument der finnischen Regierung: Die Verwaltungskosten. Durch die vergleichsweise unbürokratische Zahlung werden diese gespart. Nicht schlecht, allerdings ebenfalls ein neoliberales Argument.

Somit ist das finnische Modell eine weitere im Grunde gute Idee, die unter den Prämissen des Neoliberalismus korrumpiert wird. Es geht hier nicht darum Leute vom Arbeitszwang zu befreien, sondern darum, Leute zu ermächtigen sich ausbeuten zu lassen. Die gesellschaftlichen Folgen eines tatsächlich emanzipativen Grundeinkommens will man überhaupt nicht testen. Finnland testet ein Modell für eine Welt, in der niemand mehr argumentieren kann, warum er oder sie sich denn nicht ausbeuten lässt.

Wir wünschen uns für das neue Jahr eine kritischere gesellschaftliche Linke für eine bessere Kapitalismuskritik.

Still nothing but love, Eure
Linksjugend [’solid] Saar

http://www.faz.net/…/finnland-testet-bedingungsloses-grunde…